Biken in den Bernern


Ort: Berner Alpen, Schweiz
Zeit: 02.06.-04.06.2011
Aktivität: Reisen und Bergveloen
Inside: Bericht & Bildergalerie


Mir ist unwohl. Heute morgen habe ich mein Radlzeugs zusammen gepackt und mich auf den Weg gemacht  um endlich mal ein paar Westalpenberge zu sehen. Alle meine Pläne im Vorfeld für das lange Wochenende waren ins Wasser gefallen und das Wetter ist durchwachsen vorhergesagt. Jetzt fahre ich durch die Schweiz, keine Ahnung was mich so genau erwartet. Ständig gehe ich meine heute morgen hastig zusammengepackte Ausrüstung durch, passt aber alles, bis auf das ich nur ein Paar Socken mit habe.


Ich fahre durch bis nach Interlaken, vorbei an tausenden von blauen Bergseen und über unzählige kleine Pässe. Die Berge hängen im Nebel, schade. Als ich etwas durch Interlakens City cruise bin ich erst mal von den Socken. Noble Architektur im Stile der schweizer Traditionsstädte, aber die Leute hier: Multikulti bis zum Umfallen. Nach dem Parken des Autos setzte ich meine Erkundungstour zu Fuß fort. In der Touriinfo kann ich ein Faltblatt über MTB-Routen erstehen (CHF 2,-- ; mehr ist es aber auch nicht Wert) und bekomme im Gegenzug ein Rivella geschenkt. In der Stadt begegnen mir innerhalb einer halben Stunde zwanzig verschiedene Nationalitäten: Inder, Japaner, bis hin zu tibetanischen Mönchen in Original-Kutten. Bei Tomatensuppe und Kaffee schaue ich mir das etwas näher an. Ich bin fasziniert, es scheinen auch nicht nur Touries mit Kohle zu sein, viele Rucksackreisende wohl auch. Offensichtlich gibt es auch einige Backpackerhostels. Cool, mir gefällts hier. Abends werde ich auch immer wieder zurück kommen um den Flair der Stadt zu genießen. Die Tage gehören dem Mountainbiken.


Donnerstag, 02.05.2011 - Mountainbike-Tour nach Habkern (1075m)

Interlaken - Habkern - Waldegg - Beatenburg - Interlaken (ca. 850hm)

Nach der Ankunft bleibt noch ein Nachmittag für eine kleine Einradeltour. Es ist bewölkt,  könnte aber trocken bleiben. Die knappe Beschreibung im Info-Faltblatt lässt sehr viel Raum für Interpretationen offen, grob finde ich die Route auch. Ob allerdings der recht nasse, wurzelige und steinige Singeltrail die vom Autor ersonne Route war bleibt ein Rätsel. Jedenfalls schiebe ich ein Viertel des Trails. Der Großteil der Tour setzt aber sich aus Asphaltstäßchen zusammen, eher einfach bezüglich der Orientierung. Es bleibt den ganzen Tag eingetrübt aber regenfrei. Das Wetter hält also Eiger und Konsorten heute noch vor mir versteckt.


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Freitag, 03.06.2011 - Mountainbike-Tour zur Kleinen Scheidegg (2076m)

Grindelwald - kleine Scheidegg - Wengen - Lauterbrunnen - Zweilütschinen - Lütschental - Grindelwald (ca. 1600hm, könnte man auch als "Männlichen"-Umrundung bezeichnen)

Nach einer bequemen Nacht im Chateau Reiner, auch Berchkarre genannt, komme ich morgens nicht so recht in die Gänge. Alles ist in Wolken eingehüllt und die Temperaturen sind noch niedrig. Gegen Neun steige ich in Grindelwald auf das Velo. Hilft ja alles nichts. Die Auffahrt Richtung kleine Scheidegg entspricht der Beschreibung, geteerte und geschotterte Fahrwege, kein Problem. Gerade als ich mir Sorgen mache, diese so sagenumwobenen Berge heute wieder nicht zu Gesicht zu kommen, lichtet sich der Nebel. Wahnsinn, erst jetzt merke ich, dass ich direkt unter Eiger Nordwand durchradle. Das Wetter macht bis auf ein paar Wolkenfetzen vollends auf, ich muss erst mal anhalten und die Klötze in Ruhe ansehen. Und dann diese Wand über mir, bisher so abstrakt, jetzt aber ganz konkret und ordentlich Respekt einfösend.

Oben auf der kleinen Scheidegg angekommen kann man sich Eiger, Möch und Jungfrau im vollem Parorama zu Gemüte führen - und natürlich die vielen Touris die mit der Bahn hier hoch gekarrt werden und den ganzen Napp dazu. Die Krönung ist eine Weizenbierbar im Tippizelt. Unglaublich stilsicher. Unterhaltung für alle Sinne eben, leider nicht immer auf höchsten Niveau. Ich bin in Entdeckerlaune und habe trotzedem Spass an alle dem. Die Berge jedenfalls sind Spitzenklasse , ich Suche die Eigernordwand eine halbe Stunde mit Blicken ab und kann keine vorstellbare Route finden. Einfach Wahnsinn!

Nach kurzer Stärkung geht es an den Fun-Part. Auf der anderen Seite hinunter Richtung Lauterbrunnen kann ich ein paar recht flowige Singletrails erwischen und es ist fast ein durchgehender Rausch bis die meisten Höhenmeter in Lauterbrunnen verbrannt sind. Die weitere Fahrt das Tal hinunter Richtung Interlaken ist nett, bis nach Zweilütschen halt. Dann kommt die Crux der Tour: Ein Gegenanstieg zum Abschluss! Die Gute-Laune-Hormone werden also mit aller Härte des Umlegen des Schalters auf Auffahrt davon gescheucht. Der Weg nach Grindelwald hinauf wäre echt verzichtbar. Dummer Weise kann man in Zweilütschen nicht vernünftig parken und dann müßte man am Morgen auch mit dem unspannendsten Teil beginnen. Alternativ könnte man für diesen Teil Bahn oder Bus benutzen, aber heute will ich kämpfen und Höhenmeter machen. Kapitulieren kommt nicht in Frage. 

Der Jetboil-Kocher zaubert das übliche Menü aus Pasta mit Pesto und Oliven, heute abend am Ufer des Thuner-Sees. Mit einem tiefen Gefühl der inneren Zufriedenenheit und, zugegeben, einigermaßen Platt vom Tourentag, genieße ich noche ein Panasch und das Fußgängerzonenkino in einem Latino Cafe in Interlaken, dann geht's zurück zur Pension Berchkarre.


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Samstag 04.06.2011 - Mountainbike-Tour auf den Sustenpass (2211m)

Innertkirchen - Gadmen - Sustenpass - Gadmen - Innertkirchen (ca. 1600hm)

Natürlich hätten sich auch noch einige interessante Touren um Grindelwald gefunden, doch vom Sustenpass hatte ich schon einiges gehört und dieser zieht mich magisch an. Nicht zuletzt locken 1600hm en Block.

Die Auffahrt ist ein Quäl-Dich-Erlebnis der feinen Sorte, zwei Drittel der Höhenmeter muss man sich den Asphalt mit unzähligen Autos und noch mehr Handgaskamikazen teilen. Nicht nur einmal verfehlt mich ein Motorrad nur wenige Zentimeter. Eigentlich gönne ich denen ja ihren Spass und die meisten der Zweiradkollegen fahren vernünftig, ein paar wenige unter den Lederanzugträgern haben ab echt einen Schuss.

Etwa ein Drittel der zu absolvierenden Höhenmeter kann man aber die Gefahr vom Pass geschubst zu werden umgehen. Abseits der Hauptstraße führen beschilderte Fahrwege und Trails dem Ziel entgegen. Ab dem Hotel Steingletscher schlägt das Wetter dann von den durchmischten Verhältnissen endgültig auf garstig um. Die lange Hose erstmals im Einsatz, quäle ich mich die letzten 350 Höhenmeter den Pass vollends hinauf. Oben angekommen folgt dem obligatorischen Blick auf die andere Seite des Passes eine Einkehr im Passgasthaus. Im Inneren bleibt es seiner nicht sehr einladenden Außenerscheinung treu. Dem Zweck des Aufwärmens bei Suppe und Kaffee ist es aber dienlich.

Ich kenne keinen Sport, bei dem der Kontrast zwischen dem Baugauf-Quälen und dem Spaß beim hinunter kommen so groß ist. Der Wanderweg vom Pass hinunter Hotel Steingletscher ist zwar eigentlich traumhaft für einen Singletrail angelegt, aber nicht aufgeräumt. So  komme ich zunächst um ein paar kurze Schiebe- und Tragepassagen nicht umhin, doch dann folgt ein Traum von einer Abfahrt. Auf dem Hinunterweg erschliest sich noch eine weitere ausgeschilderte  lange Passage Serpentientrails, hochzu nicht ausgewiesen, offensichtlich für die Auffahrt zu steil. So ergeben sich grob für die eine Hälfte der Abfahrtsmeter kurzweilige Trailpassagen und für die andere ein sauberer Speedrausch auf Asphalt. Heute gänzlich ohne Gegenanstieg, so soll es sein!

Für dieses Wochenende soll es dann gut sein. Ich verstaue die Ausrüstung und mache mich auf den Heimweg.


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Infos im Netz:
http://www.bikearena.ch/


 

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