Pollux Hochtour

 

Thomas wollte unbedingt mal wieder campen gehen, nach Randa. Die Argumentation ist einfach, ein cooler Ort und man zahlt nur 14 Franken pro Nacht und Nase. Das ist für Schweizer Verhältnisse ein unschlagbares Schnäppchen.

Doch wo wir schon mal da sind wollen wir uns am nächsten Tag auch die Berge ansehen. Wir lassen uns Sonntag morgen um 5:45 Uhr vom Taxi mit Ziel Zermatt abholen. Doch ein bisschen stressig, das Campingwochenende, so früh aufstehen. Wir steigen zu Österreichs Skielite und einigen Kanadiern in die erste Bahn Richtung klein Matterhorn. Schon auf der Fahrt, vorbei am Horu, kommt feines Bergfeeling auf. Oben angekommen erwartet einen eine recht traurig anmutende Skipiste – und der Ausblick auf ca. 20 Viertausender.

Allerdings stören die Pistenabsteckungen das Panorama. „Lass uns noch irgendwo raufsteigen“, so die Idee. „Rechtsrum?“ „Da ist nur das Matterhorn, heute nicht!“ „Geradeaus?“ „Da sind wir doch gleich in der Po-Ebene, taugt mir nicht.“ „Also gut, dann nach links.“

Das Breithorn bleibt links liegen, eineinhalb Stunden Gletscherhatsch später zieht ein Felsgrat den  Berg runter. „Da gehen wir rauf, bisserl kraxeln und dann gibt’s gleich ne feine Aussicht.“ Also Seil weg und rauf da. Puh, zieht sich doch ein bisschen. Der Felsgrat wandelt sich irgendwann vom Schotterhaufen zu einem Wandaufschwung. Ran an die Ketten, Beinpresse und raufschieben. Klettersteigfeeling.

Nach Überwindung der schönen Kraxelei und das Staus erwartet einen die Madonna mit einem schönen Rastplatz zu ihren Füßen. „Ah ja, sind wir eh gleich oben.“ Kurz noch Steigeisen anlegen und dann flux den 30° steilen Firnhang zum Gipfel rauf. Die Luft ist dünn und die letzten Meter zehren an den Kräften. Zehn Schritte, durchschnaufen, zehn Schritte,  ...Dreck, ich will jetzt endlich was sehen, … durchschnaufen, zehn Schritte, … wie lange geht das denn noch, …. zehn Schritte, durchschaufen, ah geil, der Hang legt sich zurück … und dann: Wahnsinn, wir sind oben!

Einmal umdrehen, a Traum, da sind sie alle: Mischabel, Rimpfischhorn, Strahlhorn, Alphubel, Monte Rosa, Liskamm, Castor, Dent Blache, Breithorn und was weiß ich wie die alle heißen. Das Wetter ist perfekt. Am Gipfel ist es windstill, blauer Himmel überall. „Ich könnte hier stundenlang sitzen.“ „Wir müssen heut aber noch heim.“ Hart ist es, wenn die Realität einen aus den Träumen reißt.

Also runter von der Aussichtsplattform. Beim Abseilen über die Schlüsselstelle wird es nochmals stressig. Stau, Gegenverkehr, verklemmtes Seil, stressende Bergführer, nichts was man haben will. Das blöde Schottergebrösel runter ist gar nix für mich als Paralympics-Bergsteiger, ich brauche gefühlte und echte Ewigkeiten. Der Trostpreis ist ein undankbarer Gegenanstieg auf dem Gletscher zur Bahnstation. Passend zu meinem Trainingszustand gebe ich die letzten Körner, falle halb tot in die Bahn.

Geschwind mit der Seilbahn herunter, mit dem Bus durch Zermatt (für Bahnbenutzer übrigens kostenlos) und mit dem Sammeltaxi nach Randa sind wir kaum zwei Stunden später auch schon wieder am Campingplatz. Stinkeklammotten gegen frisches tauschen, kurz ne Pizza futtern und dann noch schnell nach Hause fahren. Auf der Heimfahrt witzeln wir zwei Schnäppchentouristen noch über den Lieblingsdialog des Wochenendes: Thomas: „Wie lautet das Wlan Passwort?“ Bedienung: „Zwei Franken.“ Um 01:03 tippe ich noch eine Message ins Streicheltelefon „Bin daheim“ - und - falle tot ins Bett.


Ort: CH/IT Wallis
Zeit: 14.08.2016
Mit: Thomas
Aktivität: Hochtour

Web:

Karte: https://s.geo.admin.ch/6dbfb16e23

Route: Zermatt / Kleines Matterhorn (Bahn) /Pollux / Kleines Matterhorn (Bahn) / Zermatt

Charkter: Kombinierte Hochtour, zwar nur vergleichsweise wenig Höhenmeter, doch der Gletscher Hatsch von/zur Bahn zieht sich
Verhältnisse: Perfekt

Höhenmeter: